Mach Dir ein Bild vom Sternenhimmel!

 

Strichspuren mit digitaler Spiegelreflexkamera, bestehend aus 81 Einzelbildern, jeweils 30 Sekunden bei 1600 ASA mit 18 mm Brennweite aufgenommen (Foto: Dirk Panczyk)  

 

Die einfachste Möglichkeit, eigene Fotos vom Sternenhimmel zu erstellen ist die Aufnahme von sog. Strichspur-Fotos mit feststehender Kamera. Man verwendet hierzu die z.B. mit einem Weitwinkelobjektiv versehene Digitalkamera und stellt den ISO-Wert hoch auf z.B. 1600. Dann setzt man die Kamera auf ein stabiles Fotostativ und stellt am Objektiv die Entfernung auf "unendlich" und öffnet die Blende maximal.  Die Kamera wird dabei im manuellen Modus betrieben.

Nun wird die Verschlusszeit auf "Dauerbelichtung" (B, Bulb) gestellt. Dann visiert man einen beliebigen Himmelsbereich an (z.B. ein Sternbild). Am Besten erstellt man eine Belichtungsreihe: Man belichtet z.B. je ein Bild 10, 20, 30, 60 und 120 Sekunden lang. Bei der Nachschau am Computer kann man dann erkennen, welche Belichtungszeit (für die Kombination Blende / ISO-Wert / Dunkelheit am Beobachtungsort) die Beste war und diese dann bei zukünftigen Aufnahmen als Richtwert verwenden.

Bei einer digitalen Spiegelreflexkamera benötigt man zusätzlich noch einen Fernauslöser oder Timer, um solche Langzeitbelichtungen überhaupt durchführen zu können. Z.B. können einige Canon-Kameras "von sich aus" nur maximal 30 Sekunden lang belichten (im manuellen Modus). Mit einem solchen Timer kann man die Kamera auch die ganze Nacht hindurch automatisch und unbeaufsichtigt durchlaufen lassen. Aus den Einzelbildern kann man dann später am Computer schöne Strichspuraufnahmen oder sogar Zeitraffer-Videos erstellen. Solche Videos kann man sich hier auf der Seite Zeitrafferfilme vom Sternenhimmel ansehen.

Experimentieren Sie ruhig einmal mit diversen Belichtungszeiten und verschiedenen ISO-Werten. Auf diese Art und Weise erhält man schöne Aufnahmen von z.B. Sternbildern, Sternschnuppen, hellen Kometen und Milchstraßenabschnitten.

 

Der Große Wagen (Foto: Dirk Panczyk) - 13 Sekunden belichtet mit 50 mm Objektiv / Blende 1.2 auf 1000 ASA Diafilm

 

Je länger die Belichtungszeit gewählt wird, desto längere Strichspuren hinterlassen die Sterne auf dem dem Chip. Grund hierfür ist, dass sich die Kamera aufgrund der Erdrotation unter dem Sternenhimmel hinwegbewegt. Interessant sind längere Belichtungszeiten (30 Minuten und länger) bei Aufnahmen im Bereich des Polarsterns: Die Sterne beschreiben dann auf dem Foto wunderschöne Teilkreise rund um den Himmelspol. So kann man die Erddrehung indirekt nachweisen und erkennen, dass unser Polarstern nicht exakt im Mittelpunkt der Drehbewegung steht. Besonders schön sind solche Strichspuraufnahmen mit einem Baum oder Gebäude im Vordergrund.

 

 

Strichspuren um den nördlichen Himmelspol (Foto: Anja Krause) - 60 Minuten belichtet mit 50 mm Objektiv bei Blende 4.0 auf 200 ASA Diafilm

 

Ebenfalls Strichspuren um den Polarstern, hier jedoch digital, bestehend aus 89 Einzelbildern, jeweils 30 Sekunden bei 1600 ASA mit 18 mm Brennweite aufgenommen. (Foto: Dirk Panczyk)

 

Bei digitalen Kameras sollte man jedoch nich länger als 30 - 60 Sekunden je Bild belichten. Ansonsten rauschen die Aufnahmen zu stark. Man macht dann einfach mit Hilfe eines Timers mehrere Einzelbilder direkt hintereinander, beispielsweise mit 5 Sekunden Pause zwischen den Aufnahmen, und setzt diese anschliessend per Software zu Strichspurfotos zusammen. Empfehlenswert hierfür ist z.B. die Software „Startrails", die man hier kostenlos herunterladen kann. Mit „Startrails" kann man übrigens auch Videos aus den Einzelbildern erstellen.

 

Digitalfoto aus 5 Einzelbildern. Man erkennt u.a. die Sternhaufen Pleiaden und Hyaden im Sternbild Stier. (Foto: Dirk Panczyk)

 

Wie zuvor, hier wurden jedoch 73 Einzelbilder zusammengefügt. (Foto: Dirk Panczyk )

 

Möchte man erreichen, daß die Sterne auf der Aufnahme punktförmig bleiben, darf man (bezogen auf Objektivbrennweite und Deklination des Himmelsbereichs) nur so lange belichten, daß sich die Erdrotation noch nicht bemerkbar macht. Als Richtwert hierfür gilt die folgende Tabelle:

 

Deklination des Objekts Belichtungszeit 35 mm Objektiv Belichtungszeit 50 mm Objektive
0 Grad 12 Sekunden 8 Sekunden
20 Grad 13 Sekunden 9 Sekunden
40 Grad 15 Sekunden 11 Sekunden
50 Grad 18 Sekunden 13 Sekunden
60 Grad 23 Sekunden 17 Sekunden
70 Grad 34 Sekunden 25 Sekunden
75 Grad 45 Sekunden 34 Sekunden

 

Die Deklination des fotografierten Himmelsabschnitts entnimmt man einer drehbaren oder sonstigen Sternkarte. Hierbei immer auf die äquatornächsten Sterne Bezug nehmen. Merke: Je näher sich ein Objekt am Himmelspol befindet, um so kürzer ist sein zurückgelegter Weg innerhalb einer bestimmten Zeit, d.h.: es kann länger belichtet werden. Je weiter das Objekt vom Pol entfernt ist, desto länger wird diese Wegstrecke und die Belichtungszeiten müssen verkürzt werden. Am Himmelsäquator legen die Sterne den längsten Weg zurück.

Wer die obige Tabelle für andere Objektivbrennweiten und Deklinationen erweitern will, kann folgende Formel verwenden:

 

                                                                            412,5

Maximale Belichtungszeit (in Sekunden) = ------------------------------------------------------

                                                             Brennweite (mm) * cos (Deklination)

 

Achtung: Diese Werte, bzw. die Formel beziehen sich auf das Kleinbildformat.

 

Dieses Digitalfoto, welches die Sommermilchstrasse zeigt, wurde 30 Sekunden lang mit einem 18 mm Weitwinkelobjektiv aufgenommen. Die Sterne sind fast noch punktförmig. (Foto: Dirk Panczyk )

 

Ein Artikel zur Fotografie von Sternschnuppen, den ich im VdS-Journal Nr. 45 (II/2013) veröffentlicht habe, steht hier als PDF-Datei (1,6 MB) zum Download bereit.

 

Zum Abschluß noch ein paar Tipps

  1. Je lichtstärker das Objektiv und je höher der ISO-Wert ist, desto schwächere Sterne können bei gleicher Belichtungszeit aufgenommen werden (Wichtig: Immer die größtmögliche Öffnung = Anfangsblende des Objektivs verwenden, um möglichst viel Licht zu sammeln!). Bei digitalen Kameras sollte jedoch nicht zu lange belichtet werden, da die Aufnahmen sonst zu sehr verrauschen.
  2. Digitale Spiegelreflexkameras (DSLRs) sind am besten geeignet. Auch sind deren Objektive deutlich licht- und abbildungsstärker als solche von den populären Kompaktkameras. In Fotofachgeschäften und im Internet findet man oft günstige Gebrauchtangebote für ältere Modelle.
  3. Die bei digitalen Spiegelreflexkameras verwendeten Akkus reichen nach meinen Erfahrungen maximal für etwa 3-5 Stunden Belichtungszeit. Also sollte man genügend Ersatzakkus dabei haben oder eine externe Stromversorgung verwenden, die man z.B. an die Autobatterie anschliessen kann.
  4. Je nach Objektiv, vor allem bei einfachen Zoomobjektiven von digitalen Spiegelreflexkameras, ist das Scharfstellen (auf Unendlich) bei Dunkelheit schwierig. Man stellt deshalb mithilfe des Autofokus auf einen hellen Planeten oder den Mond scharf. Zur Not gehen auch Wolken, der Horizont oder ein weit genug entferntes irdisches Objekt, wie z.B. ein Gebäude oder eine Laterne. Nach dem Scharfstellen deaktiviert man den Autofokus und macht dann erst die Aufnahmen.
  5. Bei Strichspurfotos sollte man immer einen schönen, irdischen Vordergrund mit ins Bild bringen. Das macht die Aufnahme interessanter.
  6. Ein stabiles Fotostativ ist nicht nur für die Positionierung der Kamera ideal, es dient auch als Halterung für den Feldstecher bei der visuellen Beobachtung. Für erste Versuche kann man die Kamera natürlich einfach auf einen festen Untergrund legen. Immer einen Fernauslöser oder Timer verwenden, um Verwackeln zu vermeiden. Digitale Kameras lassen sich in der Regel auch per USB-Kabel über den Computer fernsteuern.
  7. Selbstverständlich darf während der Belichtung kein Fremdlicht (Taschenlampe, Autoscheinwerfer, o.ä.) in das Objektiv fallen. Ansonsten gilt das Gleiche wie bei der visuellen Deep-Sky-Beobachtung: Je dunkler der Himmel, desto besser werden die Ergebnisse.

 

Viel Spaß beim Ausprobieren!